Neurodermitis

29.07.2021 09:34

Gerötete, schuppige Haut und quälender Juckreiz: Ein Neurodermitis-Schub ist purer Stress für Körper und Seele. Wir erklären, was hinter der gefürchteten Krankheit steckt und was wirklich dagegen hilft.

Was ist Neurodermitis?

Neurodermitis gehört zu den häufigsten Hauterkrankungen. Die von Fachleuten auch atopisches Ekzem oder atopische Dermatitis genannte Erkrankung betrifft 3,5 bis 5 Millionen Menschen in Deutschland. Laut Definition versteht man darunter eine in Schüben auftretende chronische, nicht ansteckende Krankheit, zu deren typischen Anzeichen trockene, gerötete, juckende, schuppige und entzündete Haut gehört – insbesondere an Kopf, Hals und Händen, es kann jedoch der ganze Körper betroffen sein. Betroffen sind vor allem Babys und Kleinkinder, etwa 10 bis 15 Prozent der Kinder leiden an Neurodermitis. Meist tritt die Neurodermitis bis zum Alter von 5 Jahren auf (bei 70-85%). In der Pubertät werden die Schübe in vielen Fällen seltener und schwächer, sodass nur noch etwa zwei bis drei Prozent der Erwachsenen mit der Hautkrankheit zurechtkommen müssen. Je stärker eine Neurodermitis im Kindesalter bereits ausgeprägt ist, desto häufiger haben Patienten auch im Erwachsenenalter noch mit der Krankheit zu tun.

Was sind die Ursachen von Neurodermitis?

Noch ist nicht abschließend geklärt, was eine Neurodermitis auslöst. Bei 50-80% aller Erkrankten spielt jedoch eine allergische Ursache eine wichtige Rolle. Hier ist es eine Störung des Immunsystems , die eine überempfindliche Reaktion der Haut auf an sich harmlose Stoffe wie Hausstaub, Tierhaare oder Pollen aber auch Nahrungsmittel verursacht. Der Körper hält diese für gefährliche Fremdkörper und schaltet in den Abwehrmodus, die Haut entzündet sich und juckt. Gleichzeitig gibt es jedoch auch einen wesentlichen Teil von Neurodermitispatienten, die keine allergischen Reaktionen zeigen, jedoch auf der Haut dieselben Symptome erfahren.

Zusätzlich ist bei Neurodermitis-Patienten die Barriere-Funktion der Haut gestört: Sie produziert zu wenig Talg und Schweiß und wird trocken – was wiederum Viren-, Bakterien- und Pilzinfektionen begünstigt.

Welche Faktoren einen Neurodermitis-Schub verursachen können, ist individuell verschieden. Neben Allergenen wie Kuhmilch und Weizen kommen als Auslöser zum Beispiel verschiedene Duft- und Konservierungsstoffe in Waschmitteln und Kosmetika sowie Wolle, Umweltgifte, extreme Kälte oder Hitze sowie Stress infrage. Zu häufiges Waschen kann ebenfalls zu atopischen Ekzemen führen: Experten gehen davon aus, dass unser übertriebenes Hygieneverhalten dazu beigetragen hat, dass Neurodermitis seit einigen Jahren verstärkt auftritt. Das Immunsystem ist in einer keimfreien Umgebung quasi unterbeschäftigt und beginnt, auf ungefährliche Reize zu reagieren.

Welche Symptome gibt es?

Bei Babys beginnt die Neurodermitis meist am Kopf. Im Gesicht und am Hals sind weißliche Schuppenkrusten und nässende Ekzeme zu erkennen, vereinzelt können auch die Streckseiten der Arme und Beine betroffen sein. Später kommen dann häufig Hautveränderungen in den Kniekehlen und an den Ellenbogen dazu. Die Kleinen beginnen sich zu kratzen, da die Haut zwar nässt, aber gleichzeitig gröber, trocken und verdickt ist.

Auch bei erwachsenen Neurodermitis-Patienten kann es zu einer lederartigen Verdickung der Haut kommen. Betroffen sind vor allem die Partien rund um die Stirn, die Augen und den Mund. Abgesehen vom Gesicht bilden sich juckende Rötungen, Risse, Pusteln und Knötchen im Alter mitunter auch an den Händen und Fingern, rund um die Brustwarzen und an den Füßen. Typisch für eine Neurodermitis ist, dass die Krankheitszeichen schubweise auftreten – insbesondere im Herbst und Winter. Auf Abschnitte mit starken Beschwerden folgen symptomärmere oder gar beschwerdefreie Phasen. Und: Aufgrund der genetischen Veranlagung, die für die Neurodermitis verantwortlich gemacht wird, leiden die Patienten häufig auch an anderen Überempfindlichkeitsreaktionen wie Heuschnupfen oder Asthma.

Wie erkennt der Arzt Neurodermitis?

Bei auffälligen Rötungen oder anderen juckenden, schmerzhaften Veränderungen der Haut sollten Sie einen Arzt aufsuchen. Er wird zunächst Ihre Krankheitsgeschichte aufnehmen und durch gezielte Fragen zu den Symptomen und zum Verlauf versuchen, die Neurodermitis von anderen Hautkrankheiten wie einem Kontaktekzem oder Schuppenflechte abzugrenzen. Diese äußern sich nämlich häufig durch ähnliche Anzeichen, haben aber andere Ursachen. Typische Fragen Ihres Arztes sind zum Beispiel: Wann ist der Ausschlag erstmals aufgetreten? Wie sind die betroffenen Stellen über den Körper verteilt? Gibt es in Ihrer Familie Fälle von Neurodermitis oder sind Allergien bekannt?

Auf die Anamnese folgt eine körperliche Untersuchung. Klassische Merkmale, die auf eine Neurodermitis hinweisen können, sind beispielsweise eine deutlich sichtbare Zeichnung der Linien auf den Handinnenflächen, eine doppelte Falte unter dem Augenlid, ausgedünnte Augenbrauen, eingerissene Mundwinkel und eine Überempfindlichkeit gegenüber Metall wie etwa Nickel. Um eine Neurodermitis zu diagnostizieren, kann der Arzt die Haut auch mechanisch reizen: Dazu fährt er mit einem Spatel über die Hautoberfläche. Wird diese blass anstatt zu röten, kann das ein Hinweis auf Neurodermitis sein. Zusätzlich kann ein Allergietest angeordnet werden.

Wie wird Neurodermitis behandelt?

Wer unter geröteter, juckender Haut leidet, fragt sich natürlich: Was tun? Was hilft wirklich? Darauf gibt es leider keine allgemein gültige Antwort, da die Auslöser der Krankheit individuell verschieden sind. Patienten sollten nach Möglichkeit alles meiden, was einen Krankheitsschub fördern könnte. Dazu kommt eine sorgsame Pflege der Haut – auch in beschwerdefreien Phasen. Zur täglichen Routine gehört die Behandlung mit rückfettenden, feuchtigkeitsspendenden Cremes.

Bewährt haben sich Lotionen mit dem Zusatz von Harnstoff, Linolensäure und Ceramiden: Diese Inhaltsstoffe binden die Feuchtigkeit in der Haut und ersetzen die fehlenden Fette. Viele dieser Salben, Handcremes und Lotionen sind rezeptfrei erhältlich. Die Basistherapie kann durch alternative Heilmethoden wie Homöopathie, Schüßler-Salze und Akupunktur ergänzt werden.

Ist die Haut während eines akuten Schubs entzündet, gilt es, den quälenden Juckreiz zu lindern. Ein erprobtes Hausmittel sind feuchte Umschläge, beispielsweise mit schwarzem Tee. Außerdem können entzündungshemmende, die Aktivität des Immunsystems herabsetzende oder lokal betäubende Medikamente helfen, die Symptome der Neurodermitis zu mildern. Dazu zählen zum Beispiel die Wirkstoffe Polidocanol, Kortison, Tacrolimus und Pimecrolimus.

Kann ich vorbeugen?

Um einem Krankheitsschub vorzubeugen, sollten Sie alle möglichen Auslöser meiden. Dazu kann es hilfreich sein, genau zu notieren, unter welchen Umständen Rötungen und Juckreiz auftreten: Reagiert Ihre Haut empfindlich auf Kälte, Zigarettenrauch oder Kleidung aus Wolle? Sind Sie allergisch auf bestimmte Nahrungsmittel wie Nüsse, Soja oder Hühnereier? Dann sollten Sie Ihre Ernährung entsprechend anpassen. Halten Sie außerdem Ihre Fingernägel kurz, um das Aufkratzen der Haut und damit das Eindringen von Krankheitserregern zu verhindern. Da auch Stress einen Neurodermitis-Schub begünstigen kann, sollten Sie für Entspannung sorgen, beispielsweise durch Yoga oder autogenes Training.

Für frisch gebackene Eltern gilt: Sind Sie selbst, Ihr Partner oder nahe Verwandte Neurodermitis-Patienten, sollten Sie frühzeitig einen Kinderarzt oder einen Allergologen hinzuziehen. Fachärzte können Ihnen Tipps zu vorbeugenden Maßnahmen geben, um das Risiko bei Ihrem Kind bereits im Babyalter zu senken und damit den Ausbruch der Krankheit im Idealfall zu verhindern.

Wie sind die Heilungschancen?

Da die Neurodermitis-Neigung genetisch bedingt ist, gibt es keine Heilung im eigentlichen Sinn. Durch eine konsequente Behandlung der Haut sowie eine unterstützende medikamentöse Therapie ist es jedoch möglich, die beschwerdefreien Phasen zu verlängern – bis hin zum dauerhaften Verschwinden der Symptome.

Vor allem für erkrankte Kinder und Jugendliche gibt es Hoffnung: Während der Pubertät werden die Schübe in der Regel schwächer und seltener. Nur noch etwa 30 Prozent der Erwachsenen, die während der Kindheit an Neurodermitis litten, haben auch noch im Erwachsenenalter mit überempfindlicher Haut und Ekzemen zu kämpfen.

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