Nach Unfall: Mutter Eran Jones warnt vor Kindersitzen

15.08.2022 12:23

Das Leben ist kostbar. Oft reicht ein jedoch Augenblick aus, um es für immer zu verändern. Daran erinnert uns ein Foto, das die Kanadierin Eran Jalbert Jones von ihren Kindern im Auto machte – 30 Minuten vor einer unfassbaren Tragödie. Die erschütternde Geschichte hinter diesem letzten Bild erzählt Eran bis heute, um andere Familien vor dem schrecklichen Schicksal zu bewahren, das sie erleiden musste.

Es ist ein verschneiter Tag im März 2013: Eran ist mit dem Auto auf dem Weg nach Edmonton in der kanadischen Provinz Alberta. Hinten angeschnallt sitzen ihre drei Kinder – die vierjährige Hailie, der dreijährige Owen sowie der erst 17 Monate alte Trent. Am Steuer sitzt Erans Schwägerin Christine, die in dem Schneetreiben sehr vorsichtig fährt.

Das letzte Foto vor der Katastrophe

Während einer Pause macht die Mutter ein Foto von ihren Kindern auf der Rückbank – nicht ahnend, dass es das letzte sein würde. „Das ist das letzte Foto meiner Kinder, auf dem sie noch leben“, schreibt sie später zu dem Bild im Internet.

30 Minuten später ist die Familie wieder unterwegs. Plötzlich kommt ihnen ein weißer Pickup-Truck entgegen, der einen Lastwagen überholt. Erans Schwägerin versucht noch, dem entgegenkommenden Fahrzeug auszuweichen, doch es ist zu spät: Der Wagen wird frontal gerammt, dreht sich mehrfach um die eigene Achse und landet im Graben.

Als Eran wieder zu sich kommt, steht sie noch unter Schock. Ihre Schwägerin ist direkt bei der Kollision gestorben, doch das nimmt die noch benommene Mutter gar nicht war. Alles, was sie hört, sind die Schreie des dreijährigen Owen – und die letzten Atemzüge des 17 Monate alten Trent.

Eran selbst ist bis auf einige Schnitte und Schürfwunden wie durch ein Wunder unverletzt geblieben. Doch die kleine Hailie und der 17 Monate alte Trent haben den Unfall nicht überlebt.

Auch als die Rettungskräfte eintreffen, steht Eran noch vollkommen neben sich. „Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, dass die anderen tot waren“, erinnert sie sich. „Ich ahnte es, aber ich wollte es nicht wahrhaben.“ Erst als sie im Krankenhaus ist, erfährt die traumatisierte Mutter durch ihren damaligen Ehemann die furchtbare Botschaft: Hailie, Trent und Christine sind tot. Nur Eran und Owen haben den Unfall überlebt.

Ein unvermeidliches Unglück?

Die nächsten Wochen und Monate sind für Eran die Hölle. Die Mutter macht sich schlimme Vorwürfe. Hätte sie das Unglück verhindern können? Sie selbst hatte nur überlebt, weil ihre Schwägerin es kurz vor der Kollision geschafft hatte, ein Stück zur Seite auszuweichen, doch was war mit ihren Kindern?

Alle drei waren ordnungsgemäß angeschnallt gewesen: Hailie und Owen in einem regulären Kindersitz und der kleine Trent in einem Sitz mit Fünfpunktgurt und Rückenlehne. Trotzdem war Hailie beim Aufprall unter dem Hüftgurt durchgerutscht (der sogenannte „U-Boot-Effekt“). Trent wurde zwar nicht aus dem Sitz geschleudert, aber der Hals des Kleinkindes war den enormen Kräften beim Aufprall nicht gewachsen und er erlitt einen Genickbruch. Owen überlebte durch großes Glück, trotz schwerer innerer Verletzungen.

„Ich sollte eigentlich nicht mehr hier sein.“

Je mehr sich Eran mit den Sicherheitsbestimmungen beschäftigt, desto mehr ist sie überzeugt: Hätten alle Kinder in anderen Kindersitzen gesessen, hätten sie überlebt. Um das grauenvolle Erlebnis zu verarbeiten, berät sie als ehrenamtliche Sicherheitsexpertin andere Eltern, wie sie ihre Kinder richtig anschnallen.

Außerdem kämpft Eran für eine Verschärfung der gesetzlichen Mindestanforderungen zum Anschnallen von Kindern: Wenn es nach der Mutter geht, sollten Kinder bis zwei Jahre in einem rückwärtsgewandten Sitz mit Lehne sitzen (einem sogenannten „Reboarder“). Außerdem sollte ein Sitz mit Lehne und Mehrpunkt-Gurt mindestens bis zum Alter von fünf Jahren verpflichtend sein, fordert sie.

Fast 10 Jahre sind seit der Katastrophe vergangen, aber vergessen kann Eran das Unglück nicht. Sie leidet an einer posttraumatischen Belastungsstörung und wird immer wieder von Angstattacken und Depressionen heimgesucht. Doch Partner Nicolas und die beiden Kinder Owen und Elisabeth helfen der inzwischen 32-Jährigen, das Trauma zu verarbeiten.

Auch ihre Arbeit als Sicherheitsberaterin gibt Eran Kraft. „Ich sollte eigentlich nicht mehr hier sein, aber ich bin es“, sagt sie. „Darum tue ich, was ich tue.“ Inzwischen hat sie über 250 Eltern beraten und kämpft dafür, dass sich das grausame Schicksal von Hailie und Trent niemals wiederholt.

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