Hunde als Heilung: Vom Kriegsreporter zum Haustierfotografen

23.09.2022 12:02

Walter Chandoha war Kriegsfotograf im Zweiten Weltkrieg, bevor ihn ein Zufall zur Haustierfotografie brachte. Der Bildband "DOGS" präsentiert die schönsten Hundefotos des größten Haustierfotografen des 20. Jahrhunderts aus 50 Jahren

Hunde als Heilung: Vom Kriegsreporter zum Haustierfotografen

Eine zufällige Begegnung mit einer streunenden Katze an einem New Yorker Wintertag brachte den vormaligen Kriegsfotografen Walter Chandoha 1949 dazu, sich der Tierfotografie zu widmen. Neben den Samtpfoten lockte er auch immer wieder Hunde vor seine Kamera. Der Bildband "DOGS" zeigt nun das Vermächtnis des Fotografen mit Abbildungen von über 60 Hunderassen - fotografiert zwischen 1941 und 1991 im stimmungsvollem Schwarz-Weiß und prächtigem Kodachrome. So auch diese drei freundlichen West Highland Terrier 1974 in New Jersey, die wie Dominosteine umzufallen scheinen

Walter Chandohas wohl größte Gabe war, das zu sehen und zu fotografieren, was anderen sonst verborgen geblieben wäre. Zum Beispiel diesen unglücklichen Chihuahua hinter den Kulissen einer Hundeshow 1952, dessen Leine sich um die Pumps einer Frau gewickelt hat. Es ist ein Bild mit dem Witz einer Elliott-Erwitt-Fotografie, wenn auch nicht ganz so ironisch

Besorgt? Konzentriert? Die Hunde in Chandohas Fotos sprechen uns Menschen ungemein an - wie diese beiden Möpse, die der Fotograf 1957 auf Long Island im US-Bundesstaat New York ablichtete

Die emotionale Nähe der Bilder war auch einer der Gründe, weshalb die verschiedensten Unternehmen die eigenen Produkte mit Walter Chandohas Tierfotos bewarb: die Hundefuttermarken Gaines, Milk Bone, Ken-L Ration und Purina zum Beispiel, aber auch Lebensmittelhersteller oder namhafte Film- und Kamerafirmen wie Kodak und Polaroid

Allem Erfolg zum Trotz blieb Chandoha sich und seinem Stil treu. Er fotografierte die Tiere, die er liebte, mit Menschen, die er liebte – besonders häufig mit seinen sechs Kindern. Wie auf diesem Bild seinen Sohn Enrico mit einem Dalmatiner am Strand von Long Island 1958

Mit seinem über siebzig Jahre währenden Schaffen und einem über 200.000 Aufnahmen umfassenden Archiv gilt Walter Chandoha, der 2019 im Alter von 98 Jahren verstarb, heute für viele als der bedeutendste Heimtierfotograf des 20. Jahrhunderts. Seine Fotos schmückten über 300 Zeitschriftencover, Tausende Werbeanzeigen, Verpackungen und Promotionartikel

Für Walter Chandoha, hier zu sehen in seinem Fotostudio 1975, war die Fotoarbeit mit Haustieren jedoch nicht nur ein Job, sondern auch stets ein Heilungsprozess nach den Schreckenserlebnissen des Zweiten Weltkriegs, die er als Kriegsfotograf miterleben musste. Die Katzen und Hunde, die Chandoha porträtierte, spendeten ihm Trost, wie nur Tiere es können. Die Haustierfotografie sei daher für Chandoha, der fast nie von seinem Kriegseinsatz sprach, wie eine Rettung gewesen, meint seine Tochter Fernanda

Der Bildband "DOGS. Photographs 1941–1991" ist 2020 im TASCHEN Verlag erschienen und kostet 40 Euro

Quelle