Fleischproduktion in Deutschland kostet jedes Jahr 6 Milliarden Euro – die wir alle zahlen

02.12.2020 15:11

Eine Greenpeace-Studie deckt auf, was das Preisschild auf Fleisch von Rindern und Schweinen verschweigt: immense Kosten, für die die Allgemeinheit aufkommt

60 Kilogramm Fleisch isst jeder Deutsche im Laufe eines Jahres – zu viel, wenn es nach der Weltgesundheitsorganisation WHO und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung geht. Das könnte auch daran liegen, dass Fleisch in Deutschland sehr billig ist. Zu billig, meint Greenpeace.

Eine aktuelle Studie im Auftrag der Umweltschutzorganisation kommt zu dem Schluss, dass jedes Jahr Kosten der Produktion in Höhe von 5,9 Milliarden Euro nicht im Ladenpreis enthalten sind – sondern auf die Allgemeinheit abgewälzt werden. Forscher sprechen auch von externalisierten Kosten. Gemeint sind damit Folgeschäden durch den Klimawandel, durch Wasserverschmutzung, Bodenverarmung und die Zerstörung von Artenvielfalt.

Für ihre Untersuchung haben sich die Autoren die Herstellungs- und die Folgekosten der Rind- und Schweinefleischproduktion genau angesehen – und jeweils mit der ökologischen Variante verglichen. Zum Beispiel das Futter: Der Soja-Anbau für Schweinefutter in der Intensivmast bringt zahlreiche Folgeschäden mit sich, darunter Waldrodungen in Südamerika, Bodenverarmung durch Pestizideinsatz und Klimagas-Emissionen durch Anbau und Transport nach Europa.

Schweinefleisch müsste doppelt so teuer sein

Die wichtigsten Ergebnisse der Studie: Schweinefleisch müsste doppelt so teuer sein (durchschnittlich 3,04 Euro statt 1,52 Euro pro Kilogramm), Rindfleisch um die Hälfte (2,31 Euro statt 1,52 Euro). Geringer sind die externen Kosten der ökologischen Fleischproduktion: Demnach müsste Bio-Rindfleisch 50 Prozent teurer sein, Bio-Schweinefleisch 23 Prozent. Ein Umstieg auf eine komplett ökologische Produktion würde der Allgemeinheit mehr als zwei Milliarden Euro sparen.

Überraschend: Unter reinen Klima-Gesichtspunkten ist das konventionell erzeugte Fleisch sogar etwas günstiger als die Bio-Variante. Das liegt vor allem an der längeren Lebensdauer der nach Bio-Verordnung gehaltenen Tiere.

Die Autoren betonen, dass in ihre Berechnung bei weitem nicht alle relevanten Faktoren eingeflossen sind. So wurde etwa das Leid der Tiere nicht „eingepreist“, außerdem einige Gesichtspunkte der Artenvielfalt, die Arbeitsbedingungen und die Folgen für die menschliche Gesundheit – weil Daten und Berechnungsgrundlagen für eine seriöse Abschätzung fehlen.

Autoren sehen die Politik in der Pflicht

Neben den Konsumenten nehmen die Experten vor allem die Politik in den Blick: In einer stark regulierten und hoch subventionierten Landwirtschaft sei insbesondere der Gesetzgeber in der Pflicht und könne wirksam eingreifen. „Um falsche Anreize zu unterbinden und eine Überwälzung der Kosten auf die Allgemeinheit zu verhindern“, so das Fazit der Studie, „ist es eine staatliche Aufgabe, über Steuern und Abgaben die Internalisierung externer Kosten umzusetzen.“

„Fleisch sollte kein Grundnahrungsmittel, sondern ein Luxusartikel sein“, resümiert Greenpeace-Agrar-Experte Martin Hofstetter. Selbst wenn man die berechneten Mehrkosten auf den Kilopreis aufschlage, sei Fleisch immer noch erschwinglich - sogar „immer noch erschreckend günstig“. Das Argument, bei einer solchen Preissteigerung könnten sich Menschen in Deutschland nicht mehr ausreichend Wurst leisten, sei für ihn nicht nachvollziehbar.

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