Die Moralpolizei kommt - ein Krimi über häusliche Gewalt, Untreue und prekäre Arbeitsverhältnisse

12.02.2024 10:12

Ein Paktetfahrer rast in eine Menschenmenge. Der letzte gemeinsame "Tatort" von Maria Furtwängler und Florence Kasumba wirft zunächst das Augenmerk auf prekäre Arbeitsverhältnisse - schwenkt dann aber überraschend um in Richtung häusliche Gewalt.

  • 3 von 5 Punkten
  • Der letzte gemeinsame Fall von Charlotte Lindholm und Anaïs Schmitz weiß nicht recht, welche Geschichte er erzählen will

Worum geht's?

In Göttingen ereignet sich ein schreckliches Blutbad: Ein Paketfahrer dreht durch und rast in eine Menschenmenge. Die Polizei ermittelt wegen fahrlässiger Tötung oder sogar Mord. Doch wer ist Schuld: Der Fahrer - oder die dahinterstehende Firma? Die Kommissarinnen Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) und Anaïs Schmitz (Florence Kasumba) schießen sich bei ihren Ermittlungen auf den Paketdienstleister ein, auch wenn der Fahrer als selbständiger Subunternehmer eines Subunternehmers dort gar nicht fest angestellt war. Als die Kommissarinnen die Arbeitsbedingungen genauer unter die Lupe nehmen wollen, werden ihre Ermittlungen plötzlich torpediert. Steckt Kriminaldirektor Gerd Liebig (Luc Feit) dahinter? Charlotte Lindholm beschleicht ein furchtbarer Verdacht - sie nimmt das Privatleben von ihrem Chef und dessen Ehefrau Tereza (Bibiana Beglau) genauer unter die Lupe.

Warum lohnt sich der "Tatort: Geisterfahrt"?"

Ein guter Film, ob Drama oder Krimi, funktioniert meistens am besten, wenn er nicht anrecherchiertes Wissen wiedergibt, sondern eine über die Figuren erzählte emotionale Geschichte transportiert. Der sich in der zweiten Hälfte öffnende Strang über häusliche Gewalt ist berührend. Denn er zeigt das ganze Ausmaß des Problems: Den schlagenden Männern traut man diese Brutalität oft nicht zu, die Opfer vertuschen das Verbrechen oft aus Scham - und für Außenstehende ist es schwer, die Mauer des Schweigens zu durchbrechen.

Was stört?

Dieser "Tatort" beinhaltet eigentlich zwei Geschichten - und das ist eine zu viel. Beide haben ihre Berechtigung, doch es gibt große Unterschiede in der Erzählweise: Während der häusliche Missbrauch sehr einfühlsam erzählt wird, sind die Arbeitsbedingungen bei den Paketfahrern eher pflichtschuldig angelesen und wiedergegeben. Dabei wurden die prekären Verhältnisse in der Branche erst Anfang Dezember im Köln-"Tatort" thematisiert. Überhaupt stellt sich die Frage, ob es wirklich die Aufgabe eines Krimis ist, permanent gesellschaftliche Probleme anzusprangern. Der Chef des Lieferdienstes DDP bringt es auf den Punkt, wenn er zu Lindholm sagt: "Ich dachte sie sind von der Kripo, nicht von der Moralpolizei."

Die Kommissarinnen?

Charlotte Lindholms Techtelmechtel hat sich lange angedeutet. In dieser Folge landet die Kommissarin mit Nick (Daniel Donskoy), dem Ehemann ihrer Kollegin Anaïs Schmitz, im Bett. Es versteht sich von selbst, dass die beiden starken Frauen danach nicht mehr zusammenarbeiten können. Und so endet Lindholms Strafversetzung nach Göttingen - in der nächsten Folge kehrt sie wieder nach Hannover zurück. Doch auch Florence Kasumba werden wir als Anaïs Schmitz wiedersehen: Sie wird demnächst an der Seite von Wotan Wilke Möhring in Norddeutschland ermitteln.

Ein- oder ausschalten?

Auch wenn der Film Schwächen hat - allein um das letzte Mal dieses tolle Ermittlerteam bei der Arbeit zu sehen, lohnt sich das Einschalten.

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