Diabetes bei Kindern Studie: Künstliche Bauchspeicheldrüse könnte die Rettung sein

26.10.2020 08:51

Kinder, die an Diabetes Typ-1 leiden, leben ständig in der Gefahr einer Überzuckerung und sind von rechtzeitiger Insulinzufuhr abhängig. Das schränkt ihre Lebensqualität stark ein. Eine aktuelle Studie aus den USA macht nun Hoffnung, dass es auch für sie eine Lösung gibt ...

In Deutschland leiden laut "gesundheitsinformationen.de" etwa 200.000 Menschen an Diabetes Typ-1, darunter etwa 30.000 Kinder und Jugendliche bis zu einem Alter von 19 Jahren. Die gefährliche Blutzucker-Stoffwechselerkrankung beginnt meist in der Kindheit und schränkt die Lebensqualität der Betroffenen stark ein. Regelmäßig muss der Blutzuckerspiegel gemessen werden, um dann dem Körper ausreichend Insulin zuzuführen.

Die Medizin arbeitet bereits seit Jahrzehnten an einer "künstlichen Bauchspeicheldrüse", also an einem System, das die Blutzuckermessungen und die Insulinabgabe weitgehend und sicher automatisiert. Laut einer aktuellen amerikanischen Studie, die auf "nejm.org" veröffentlicht wurde, könnte nun endlich ein entscheidender Durchbruch gelungen sein.

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Diabetes Typ-1 endet ohne Behandlung tödlich

Das Hormon Insulin reguliert den Zucker-Stoffwechsel des menschlichen Organismus, indem es vor allem unsere Muskel- und Leberzellen dazu anregt, Glucose aufzunehmen und zu verarbeiten. Es wird in bestimmten Zellen unserer Bauchspeicheldrüse gebildet, den sogenannten Betazellen. Bei Menschen, die an Diabetes Typ-1 leiden, werden diese Zellen vom eigenen Immunsystem angegriffen und zerstört, sodass kein oder nur noch sehr wenig Insulin produziert wird. Das hat eine konstante Überzuckerung zur Folge, die unbehandelt unweigerlich zum "diabetischen Koma" führt und tödlich enden kann.

Kinder sind nicht in der Lage, selbständig ihren Blutzucker und die Insulinzufuhr zu kontrollieren

Noch bis zum Jahr 1922 waren Menschen, die an Diabetes Typ-1 erkrankten, dem Tod geweiht. Dann gelang es, Insulin künstlich zu gewinnen und das machte auch eine Therapie möglich. Dabei wird regelmäßig der Blutzuckerspiegel mittels eines Gerätes gemessen, das man ständig bei sich tragen muss, um sich dann je nach Messergebnis, die nötige Menge Insulin durch eine Spritze zuzuführen. Zu viel Insulin ist nämlich ebenfalls eine schwere Gesundheitsgefährdung.

Eine erfolgreiche und sichere Therapie verlangt dem Betroffenen viel ab: Er muss mit der individuellen Schwere und Ausprägung seiner Diabetes vertraut sein, seine persönlichen Angewohnheiten, seine Ernährung und seinen Tagesablauf der Erkrankung anpassen, also über eine extrem gute Selbstorganisation verfügen. Betroffene Kinder sind dazu noch nicht in der Lage und benötigen deshalb ständige Aufsicht, Betreuung und die Hilfe ihrer Eltern. Vor allem im Hinblick auf diese Betroffenen arbeitet die Wissenschaft schon an der Entwicklung einer künstlichen Bauchspeicheldrüse.

Von der Insulinpumpe zum "Closed Loop"-System

Kleine, tragbare Insulinpumpen, die durch feine Kanülen, die mit Pflastern auf der Haut befestigt werden und das benötigte Insulin in den Körper leiten, sind laut "tk.de" bereits weit verbreitet: In Deutschland werden derzeit etwa 40.000 Menschen damit behandelt. Aber auch diese Systeme ersparen nicht das selbständige Messen des Blutzucker. Sie müssen von den Patienten überwacht und eingestellt werden. Nun scheint der Forschung aber der technologische Durchbruch gelungen zu sein.

Es existieren nämlich bereits Prototypen von sogenannten "Closed Loop"-Systemen, die durch einen Sensor unter der Haut selbständig und kontinuierlich den Blutzucker messen können. Diese Daten werden an eine kleine, tragbare Rechnereinheit gesandt, die dann automatisch bei Bedarf die Insulinpumpe per Funksignal steuert. Eines dieser Systeme, "Control-IQ" genannt, wurde nun in einer Studie in den USA an 101 Kindern erprobt.

Künstliche Bauchspeicheldrüse funktioniert verlässlich und sicher

Die Studie kommt laut Projektleiter Dr. Guillermo Arreaza-Rubín zu einem Ergebnis, das Hoffnung macht. Control-IQ arbeitete verlässlich und sicher und kann seiner Meinung nach bei Kindern ab einem Alter von sechs Jahren ohne Bedenken angewendet werden. Vor allem während der Nacht gewährleistete das System (zumindest unter den kontrollierten Testbedingungen der klinischen Studie) eine sichere Überwachung und Schutz vor einem Zuckerschock – und das könnte vor allem die Eltern entlasten.

Auch in Deutschland wurde laut "tk.de" bereits 2019 ein von deutschen, israelischen und slowenischen Forschern (dem sogenannten "DREAM-Konsortium") entwickeltes Closed Loop-System in einem Krankenhaus in Hannover getestet. Die Tests verliefen laut den Angaben des Forscherteams ebenfalls erfolgreich. Demnach hätten mehr als 20 jugendliche Probanden das System rund um die Uhr 60 Stunden lang getragen, ohne dass es zu Problemen gekommen sei.

Wann Closed Loop-Systeme für Betroffene, vor allem für Kinder, frei zugänglich sein werden, kann die Forschung derzeit noch nicht beantworten. In den USA läuft aufgrund der positiven Studien-Ergebnisse bereits ein Zulassungsverfahren, das die Anwendung für Patienten ab sechs Jahren erlauben soll. Auch das DREAM-Konsortium gibt sich zuversichtlich. Aber trotz der vielversprechenden Testergebnisse könnte es noch Jahre dauern, bis alle Sicherheitsbedenken durch weitere klinische Testreihen und Studien ausgeräumt seien und eine Zulassung erfolgen könne. Prinzipiell sei das Problem der künstlichen Bauchspeicheldrüse aber technisch gelöst und verspräche in der Zukunft eine erhebliche Verbesserung der Lebensqualität für betroffene Kinder und deren Eltern.

Quelle