#DankesagenLieber Über-60-jähriger Mann, Danke, dass Sie sich mit Astrazeneca impfen ließen!

24.06.2021 09:37

Die EM ist im vollem Gange, die Impf-Welle rollt und die Sonne macht uns Lust auf den Sommer. Über all der Aufbruchsstimmung lässt sich schnell vergessen, welche harten Monate hinter uns liegen. Diese waren geprägt von Distanz - aber auch ganz viel Solidarität. FOCUS Online veröffentlicht Briefe, in denen Menschen anderen Danke sagen.

"Lieber mit Astrazeneca geimpfter Mann über 60,

gestern habe ich an Sie gedacht. Kurz zuvor hatte ich mir den Ärmel hochgekrempelt. Für einen Moment hatte mich das kalte Desinfektionsmittel zusammenzucken lassen. Aber als ich dann runterschaute, erinnerte nur ein Pflaster daran, dass plötzlich alles anders ist: Ich bin zum zweiten Mal geimpft. Mit Biontech. Zum ersten Mal seit mehr als einem Jahr habe ich das Gefühl richtig aufzuatmen. Jetzt trennen mich nur noch zwei Wochen von der Normalität. Einer Normalität, auf die ich seit Monaten warte.

Das erste Treffen mit mehr als einem anderen Haushalt, der Besuch bei der Oma, der so lange nur mit Maske und Test ging. All das darf ich dann wieder mit einem guten Gefühl machen. Ohne die ständig nagende Angst, doch noch an Corona zu erkranken – oder sogar noch schlimmer, andere Personen anzustecken.

Möglich ist das wegen Wissenschaftlern - und Ihnen

Möglich ist das nur, weil es Wissenschaftler geschafft haben, in Rekordzeit einen Impfstoff zu entwickeln, der uns aus diesem Dilemma holt. Sie, lieber mit Astrazeneca geimpfter Mann über 60, jedoch haben mich aus einem anderen Dilemma geholt. Für mich war von vornherein klar, dass ich mich impfen lassen wollte. Welchen von den zugelassenen Impfstoffen ich bekomme, spielte für mich zunächst keine Rolle.

Aber dann kamen die Berichte über Sinus- und Hirnvenenthrombosen nach Astrazeneca-Impfungen auf. Eine sehr geringe Zahl von Menschen erkrankte im Vergleich zur Gesamtzahl der mit Astrazeneca-Geimpften – aber mehr als statistisch zu erwarten war. Diese Fälle traten vor allem bei jüngeren Menschen auf und Frauen waren häufiger betroffen als Männer.

Astrazeneca: Ich war verunsichert

Die Ständige Impfkommission (Stiko) hatte deshalb im April ihre Empfehlung geändert – und empfiehlt den Astrazeneca-Impfstoff seitdem in erster Linie für Menschen, die älter als 60 Jahre sind.

Und ja, das hat mich verunsichert. Als Frau um die 30 Jahre falle ich in die Gruppe, die für Thrombosen – selbst, wenn sie sehr unwahrscheinlich sind – anfälliger sind als beispielsweise ein über 60 Jahre alter Mann wie Sie.

Ältere haben glücklicherweise Impfstoff akzeptiert

Von zwei Freundinnen – einer Lehrerin und einer Ärztin – die als Erstimpfung ganz kurz vor der geänderten Stiko-Empfehlung noch Astrazeneca bekommen hatten, wusste ich, dass sie die Angst vor einer Thrombose durchaus belastet hatte. Beide hatten unmittelbar nach ihrer Impfung die Berichterstattung über die geänderte Empfehlung und die Gründe mitbekommen müssen – und sich daraufhin selbst ängstlich beobachtet, ob eines der Anzeichen für eine solche Thrombose auftritt. Hatten überlegt, ob ihre Kopfschmerzen nun überdurchschnittlich stark sind und sie zum Arzt sollten. Später haben sie darüber gelacht, aber in der Situation selbst konnten sie doch nicht ganz vermeiden, sich mal ein bisschen in ihre Sorge hineinzusteigern.

Ihnen war ebenso wie mir klar, dass das extrem unwahrscheinlich ist. Trotzdem wäre es mir schwergefallen, einen Impfstoff zu nehmen, der für mich nicht empfohlen wird. Dass ich jedoch schon jetzt einen Impfstoff bekommen konnte, der für mich empfohlen wird, liegt daran, dass ältere Menschen, die in der Priorisierung vor mir kamen, Astrazeneca als Impfstoff akzeptiert haben.

Astrazeneca ist ein hochwirksamer Impfstoff

Ich weiß, dass auch viele ältere Menschen sich gegen diesen Impfstoff entschieden haben. Ich verstehe, dass auch sie verunsichert waren von den sich ändernden Empfehlungen (zunächst war Astrazeneca nur für UNTER 60-Jährige empfohlen worden) und den vielen Berichten. Und doch finde ich es solidarisch, wenn Menschen mit einem deutlich geringeren Risiko ein Impfangebot mit Astrazeneca nicht ausgeschlagen haben, um stattdessen ein anderes Vakzin zu bekommen – das ich und andere junge Frauen dann nicht hätten bekommen können. Ebenso wie es solidarisch war, dass viele Menschen in der Pandemie auf vieles verzichtet haben, um Risikogruppen wie sehr betagte Menschen zu schützen.

Denn Astrazeneca ist ein hochwirksamer Impfstoff, der nur sehr geringe Risiken birgt. Eine Analyse der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) ergab sogar, dass das Thromboserisiko bei hohen Inzidenzen in ALLEN Altersgruppen niedriger ist als das Risiko, wegen Covid-19 intensivmedizinisch behandelt werden zu müssen. Bei niedriger Inzidenz jedoch dreht sich bei Jüngeren das Verhältnis – hier wird das Thrombose-Risiko größer als das Risiko einer schweren Covid-19-Erkrankung.

Ich möchte Ihnen danken

Sie haben sich also in dieser Krise solidarisch mit mir und anderen jungen Frauen gezeigt – und dafür möchte ich Ihnen danken! Denn deshalb bin ich nun geimpft – und konnte aufatmen, ohne bei ein bisschen Kopfschmerz gleich über eine mögliche Thrombose nachzudenken. So musste ich das Risiko nicht abwägen oder mir die Frage stellen, ob ich freiwillig das Präparat nehme. Ich bekam einfach Biontech.

Über 60-Jährige wie Sie sind der Grund, dass mein Pieks und der vieler anderer junger Frauen mit einem ungetrübten Gefühl der Erleichterung verbunden sein konnte. Wir uns sicher gefühlt haben und die Kopfschmerzen als gutes Zeichen, dass die Impfung wirkt, wahrgenommen haben. Dankeschön!

Ihre Livi"

Stärker.Zusammen

Nach den Einschränkungen der vergangenen Monate macht sich endlich Aufbruchsstimmung in Deutschland breit. Das erste Mal Freunde und Familie wiedersehen, das erste Mal im Biergarten, das erste Training mit der Fußballmannschaft - jeder von uns hat sich auf einen ganz besonderen Moment gefreut. Die Zeichen stehen auf Begegnung - Deutschland steht vor dem Neustart! FOCUS Online und die Portale von BurdaForward haben deshalb gemeinsam die Aktion "Stärker.Zusammen - Deutschland umarmt sich" gegründet.

Wir bringen Menschen zusammen und finden gemeinsam mit Experten, Politikern, Wissenschaftlern und Machern heraus, was wir aus der Pandemie gelernt haben und wie wir gemeinsam eine bessere Zukunft gestalten können - ohne dabei die Herausforderungen und Erfolge der vergangenen Monate auszublenden. Wir wollen gemeinsam Danke sagen. Denn wir sind #stärkerzusammen!

 

Quelle