Als die Helfer im Zoo ankommen, schlägt ihnen ein furchtbarer Geruch entgegen. Als sie sehen, was hier passiert ist, müssen sie weinen.

10.12.2017 00:16

Im östlichen Teil der Stadt Mossul im Irak steht der einstmals prächtige Montazah-Al-Morour-Zoo. Der Tierpark war mit seinen Grünflächen und dem bunten Kinderspielplatz früher einmal ein beliebter Anlaufpunkt für Tierliebhaber und Familienausflügler.

Als jedoch 2014 die Mitglieder der Terrororganisation Daesh die Stadt Mossul angreifen, wird der Bezirk, in dem der Zoo liegt, von heftigen Kämpfen erschüttert. Je schlimmer die Gefechte werden, umso schwerer wird es für die Tierpfleger, zu den Käfigen vorzudringen und sich um die eingesperrten Tiere zu kümmern.

Die Schlacht dauert fast vier Monate an. Einer der Zoowärter schleicht sich unter Lebensgefahr immer wieder in den Tierpark und bringt den Tieren das Wenige an Essen, das die nächstgelegenen Nachbarn erübrigen können. Aber das Futter reicht nicht und die Situation verschlimmert sich schnell. „Die Kämpfe wurden immer härter. Es wurde unmöglich, zu den Tieren zu gelangen“, erzählt der Zoobesitzer Abu Omar.

Die Tiere des Zoos beginnen, langsam und qualvoll zu verhungern und zu verdursten. Als zwei der vier Löwen vor Hunger sterben, müssen die beiden überlebenden Tiere ihre eigenen Artgenossen fressen.

Als ein Geschoss die Käfige trifft, gelingt einigen Tieren die Flucht aus ihren Gehegen, aber sie werden schnell selbst zu Opfern der gnadenlosen Gefechte in den Straßen.

Als die Kämpfe endlich abebben, schafft es die Widerstandsgruppe „Mosul Eye“ schließlich, zu den Käfigen der verzweifelten Tiere vorzudringen. Was sie dort vorfinden, bricht auch hartgesottenen Kämpfern das Herz. Kaum noch ein Wesen im Zoo ist am Leben. Vor den Augen ihres hilflosen Gefährten hat sich eine bis auf die Knochen abgemagerte Löwin zum Sterben zusammengekauert. Die Helfer können nichts mehr für sie tun, als sie zu begraben.

Ein Bär sitzt geschwächt in seinem Käfig und versucht mit letzter Kraft, sein Gesicht durch die Gitterstäbe hindurchzudrücken.


Die Helfer von Mosul Eye machen Fotos von den schrecklichen Zuständen vor Ort und laden sie, zusammen mit einer verzweifelten Bitte um Hilfe, im Internet hoch.

Die grausamen Bilder erfüllen ihren Zweck: Der Aufruf verbreitet sich rasend schnell und so kommt schließlich auch die dringend benötigte Hilfe im verwüsteten Zoo an.

Dr. Sulaim Tameer Saeed, Gründer der kurdischen Tierhilfsgruppe „Kurdistan Organization for Animal Rights Protection (KOARP)“, schafft es, zwei Lieferungen Hühnerfleisch, Gemüse und Obst aufzutreiben und nach Mossul zu senden.

„Es ist eine Schande, die Tiere leiden zu sehen, sie brauchen Hilfe. Sie haben nichts mit dem Krieg zu tun“, sagt der freiwillige Helfer Saif al-Bassef, der das Futter nach Mossul gebracht hat. Aber auch er kann allein nicht viel mehr für die hungernden Tiere tun.

Ende Februar kommt endlich eine umfangreichere Hilfslieferung an. Die Mitarbeiter der Organisation „Four Paws International“ sind entsetzt, als sie sehen, dass sie für fast alle Bewohner des Tierparks zu spät gekommen sind.

Von all den Tieren sind nur noch zwei am Leben: der Löwe Simba und der Bär Lula. Beide schweben zwischen Leben und Tod.

Sie können sich kaum noch rühren und ihre Zähne sind verrottet. Lula der Bär hat eine schwere Lungenentzündung. Die Tierärzte schaffen es, beide mit Medikamenten und Nahrung so weit zu stabilisieren, dass sie überleben können.

Die Helfer bleiben bei ihnen und haben genug Futter, um sie für vier Wochen versorgen zu können. Die Vorbereitungen für ihre weitere Behandlung laufen auf Hochtouren.

Was für ein Einsatz! Auch mitten in der größten Not haben Menschen ihr eigenes Leben riskiert, um das der Tiere ihres Zoos zu retten, und nicht locker gelassen, bis sie es geschafft haben, wenigstens zweien von ihnen das Überleben zu sichern.

Simba und Lula hätten den furchtbaren Krieg ohne die Anstrengungen der Menschen um sie herum nicht überstehen können.

 

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